„Ich raste aus!“ 7 Tipps für einen gesunden Umgang mit Wut.

„Ich raste aus!“ – Darüber habe ich neulich in meinem Newsletter gesprochen. Und zwar darüber, dass der Gedanke ans Ausrasten überraschender Weise gar kein Thema war, obwohl es mir beim Radfahren mein Kleid zerfetzt hatte.

Es ging also um eine Situation, die zwar leider doof gelaufen und gleichzeitig nicht mehr zu ändern war. Und auch um eine Situation, in der ein reguliertes Nervensystem nach Lösungen sucht, statt sich im Drama zu suhlen.

Und dann rastest du doch aus

Nicht immer verläuft ein Stresszyklus so easy, wie die Sache mit meinem Kleid. Vor allem dann, wenn große Emotionen wie Wut dabei eine Rolle spielen und das Problem kein Rockzipfel im Zahnrad ist, sondern viel mehr zwischenmenschlicher Natur.

Manchmal braucht es nur ein falsches Wort, ein kleines Missgeschick oder dein Kind macht etwas, das es nicht tun sollte und alles, was du denken kannst ist “Ich raste aus!”. Und wenn’s blöd läuft, dann tust du das auch.

Nun ist Ausrasten nicht per se schlecht. Zumindest dann, wenn du weder dich noch andere mit Worten und Taten dadurch verletzt. 

Doch wir alle sind Menschen und leider rasten auch die Besten mal aus. Und ja, auch ich! Manchmal denke ich, da kannst du noch so reguliert sein, es gibt immer noch diesen einen wunden Punkt, der das Fass zum Überlaufen bringt. Und “bumms” isses passiert.

Ja, das ist nicht cool und gleichzeitig auch kein Grund sich zu beschämen. Die gute Nachricht ist, du kannst lernen, deine Wut umzulenken und einen regulierten Umgang mit ihr zu finden. Denn zwischen Reiz und Reaktion gibt es immer noch einen kleinen Moment. Und genau den machst du dir zu nutze. Denn das verschafft dir Zeit und letztlich die Möglichkeit, doch noch angemessen zu reagieren, ohne deine Wut zu negieren.

Wut ist auch nur eine Emotion von vielen

Zunächst einmal ist wichtig zu wissen, dass Wut – genau wie jede andere Emotion – zuallererst im Körper beginnt und auch sehr stark körperlich spürbar ist. Vielleicht magst du das nächste Mal darauf achten, wie sich das anfühlt, wenn du wütend bist. Das ist ohnehin eine gute Idee bei Emotionen. Einfach mal spüren, wie sie sich anfühlen und wo du sie fühlst.

Grundsätzlich ist gerade Wut eine Emotion, mit der sehr viel Bewegungsenergie einhergehen will. Das heißt, sie möchte gelebt werden und es ist nicht sinnvoll, sie zu bremsen oder gar runter zu schlucken. Das fliegt dir dann an anderer Stelle in deinem Leben um die Ohren und du gehst sprichwörtlich an die Decke. Nicht cool, oder?

Wichtig zu wissen ist auch: Wut ist sehr häufig das Ergebnis einer ganzen Reihe von unerfüllten Bedürfnissen. Doch bevor du dich damit beschäftigen kannst, darfst du dich erst einmal mit dem Raum zwischen Reiz und Reaktion beschäftigen, um dann angemessen zu reagieren. Und über die Sache mit den Bedürfnissen reden wir dann ein anderes Mal.

Raste aus, aber richtig!

Glaub mir, ich kenne das ziemlich gut, wie es ist, so richtig krass wütend zu sein. Allerdings hatte ich viele Jahre überhaupt keinen richtigen Zugang zu meiner Wut. Erst habe ich sie praktisch gar nicht gefühlt. Dann war sie plötzlich da und ich wusste gar nichts mit ihr anzufangen. Und dann bin ich explodiert, wenn sie kam. Nichts davon war wirklich hilfreich für mich.

Ich atme ein, ich raste aus

Unbekannt

Dabei gibt es eine ganze Reihe Hinweise im Körper, dir mitteilen wollen, dass du wütend bist. Die Sache ist nur die: die meisten von uns haben nie gelernt, dass es ok ist, wütend zu sein.

Wut ist etwas, das vor allem bei weiblich sozialisierten Menschen schnell und mit viel Ablenkung weggemacht werden musste und bei Jungs oftmals hart bestraft wurde.

Ganz allgemein sind eher unangenehme Gefühle ohnehin nicht gern gesehen in unserer Gesellschaft. Kein Wunder also, dass viele Erwachsene keinen gesunden Umgang damit haben.

Noch dazu ist Wut keine besonders geerdete Emotion, weshalb es umso wichtiger ist, mit Strategien zu arbeiten, die den Kreislauf unterbrechen, um sich selbst wieder gut spüren zu können

Ich selbst experimentiere schon sehr lange mit meiner Wut und habe mir über die Jahre eine Reihe von Strategien erarbeitet, die für mich ganz wunderbar funktionieren und die ich mit dir teilen will.

Hier sind also 7 Tipps für einen konstruktiven Umgang mit Wut. Sie sind persönlich von mir erprobt und für gut und alltagstauglich befunden worden. Sie unterbrechen für einen Moment den akuten Zustand von Wut und geben dir und deinem Nervensystem Zeit angemessen zu reagieren statt aus einem Impuls heraus einfach die Beherrschung zu verlieren.

1 Aus der Situation gehen

Ein Schritt raus aus der Situation ist ein Schritt hin zu einer konstruktiven Lösung. Um den Abstand noch mehr zu verdeutlichen, kannst du auch für einen Moment den Raum verlassen, hineinspüren in die Wut und mit ihr atmen. Du wirst merken, dass die Wut noch da ist, wenn du zurückkommst und auch, dass du jetzt anders reagieren kannst.

2 Füße verwurzeln

Ich habe es weiter oben schon erwähnt: akute Wut ist keine Emotion, in der du dich geerdet und bei dir selbst fühlen wirst. Deshalb kann es total sinnvoll sein, die Verbindung zum Boden mit den Füßen zu bewusst zu spüren. Das schafft Ruhe und Klarheit für den nächsten möglichen Schritt.

3 Eiskaltes Wasser trinken

Trinken, vor allem eiskaltes Wasser, stimuliert den Vagusnerv. Der läuft nämlich exakt da lang, wo du schluckst und kann dich bei unterstützen, wieder klare Gedanken zu fassen.

4 Brüllen ohne dein Umfeld zu verletzen

Brüllen ist gut, solange du niemanden anbrüllst. Denn manchmal will Wut einfach laut sein und dann darfst du das zulassen. Statt jedoch jemanden anbrüllen und damit zu verletzen kannst du stattdessen

  • die Wand anbrüllen
  • ein Kissen anbrüllen
  • im Keller brüllen
  • In deinen Pulli brüllen
  • im Wald ein paar Bäume anbrüllen
  • dein altes Kuscheltier anbrüllen
  • you name it.

5 Singen

Ja, genau: Singen stimuliert genau wie kaltes Wasser den Vagusnerv. Und wenn du dein Gegenüber sonst anbrüllen würdest, versuch mal das, was du zu sagen hast zu singen. Klingt lustig? Ist es auch. Und es holt dich 100 % zurück zu dir und dem, was eigentlich wirklich ist.

6 Körperlich werden

Wutenergie ist auch Bewegungsenergie. Also bring deinen Körper mit Schmackes und

  • Tritten in Kissen
  • Stampfen auf den Boden
  • Boxen auf dein Bett
  • Rennen auf der Stelle
  • Tanzen
  • Whatever feels good to you

in Bewegung und dann raste so richtig aus. Spürst du, wie es langsam leichter wird?

7 Atmen

Ich wäre kein Atem Coach, wenn ich dir nicht auch empfehlen würde, zu atmen. Jedoch ist atmen nicht immer die erste Wahl, wenn du gerade einfach nur ausrasten willst. Manchmal ist die Wut nämlich so mächtig, dass es erst eine von den oben genannten Methoden braucht, um den Fokus überhaupt auf den Atem lenken zu können. Außerdem kannst und sollst du Wut nicht einfach so wegatmen. Und wenn doch, dann fliegt sie dir an anderer Stelle umso stärker um die Ohren.

Dennoch ist es natürlich immer eine gute Idee

  • zu spüren, wie du atmest
  • Atemzüge zu zählen
  • den Ausatem zu verlängern.

Genau dann, wenn du es wieder kannst!

Mein Fazit für gesundes Ausrasten

Einen Wutzyklus zu unterbrechen kann immer dann sinnvoll sein, wenn du das Gefühl hast, ansonsten von ihr überrollt zu werden. Es geht bei allen Strategien nie darum, die Wut weg zu machen, sondern mit Möglichkeiten zu arbeiten, die es dir erlauben, diese starke Emotion auszudrücken, ohne dich und andere zu verletzen.

Ganz grundsätzlich möchte ich dir ans Herz legen, die Sache mit dem Atmen für ein reguliertes Nervensystem immer dann zu üben, wenn du dich neutral bis entspannt fühlst. Dann hast du es jederzeit parat, wenn Du mal wieder denkst “Ich raste aus!”. 

Eine gute Möglichkeit zum Üben gibt’s übrigens immer Dienstagmorgen in meinem kostenlosen Kurs FREE BREATHING.

Wenn du tiefer in dein Körperempfinden einsteigen und dein Nervensystem besser kennenlernen möchtest, dann könnte ein Atem Coaching das Richtige für dich sein. Hier übst das Atemgewahrsein und lernst den Atem in deinem Körper zu spüren. Und sehr wahrscheinlich lernst du dabei auch ganz viel über deine Emotionen und was dein persönliches Atemmuster dir darüber erzählt. Alle Infos bekommst du hier.

Mehr über Kurse und neue Programme wie das 4-wöchige Gruppen Coaching erfährst du wie immer im Newsletter. Hier kannst du dich anmelden dafür.

So, das waren nun meine 7 Tipps für für einen gesunden Umgang mit Wut. Die Liste ist nicht vollständig und nach deinen Vorstellungen endlos erweiterbar.

Wenn dir mein Beitrag gefallen hat, kannst du ihn gern mit deinen Liebsten teilen, das würde mich freuen.

Und wenn du noch andere Strategien bei Wut hast und sie mit mir teilen magst, poste sie gern ins Kommentarfeld oder schreib mir eine Email!

Alles Liebe,

Ann-Kathrin

2 Kommentare

Sehr hilfreich, vielen Dank! Das mit dem Singen, dem Wasser und dem Verwurzeln versuche ich bei der nächsten Wut- aber auch Stresssituation mal auszuprobieren. Super Blog übrigens!

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